Der arme Holzhacker mit seiner Frau, Hänsel und Gretel, Schneewittchen im Wald bei den sieben Zwergen: Zahlreiche Märchen der Gebrüder Grimm spielen im Wald. Vorzugsweise tief im finstern Tannenwald, voller knorriger, jahrtausendealter Baumriesen, die auch Tolkien zu den Ents in "Herr der Ringe" inspiriert haben dürften. Die vergangenen zwei Jahre mit starker Trockenheit in den Sommermonaten haben den Wald abseits von Märchen und Sagen in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht. Meist fast unbeachtet, leistet er wichtige Beiträge – nicht nur für den Klimaschutz. Auch als Wirtschaftsfaktor ist der Wald bedeutend, dazu haben wir bereits bei den vielen Aufgaben des Waldes gebloggt.
Bisher heimische Bäume vertragen die Trockenheit schlecht
In seiner Reihe „UNKRAUT“ hat der Bayerische Rundfunk über die Herausforderung Waldumbau recherchiert. Fichten, Kiefern und auch der Bergahorn sind besonders betroffen. Dieser galt lange als genügsam, was Niederschläge angeht – jetzt setzt ihm eine Pilzkrankheit, die Rußrindenkrankheit, zu. Befallenes Holz kann nicht einmal mehr als Brennholz verwertet werden, sondern muss vor Ort verbrannt oder eingegraben werden. Die Pilzsporen lösen sogar beim Menschen allergische Reaktionen aus. Asthmatiker oder empfindliche Menschen müssen deshalb vorsichtig sein. Um zu ergründen, welche Bäume wirklich für den Waldumbau zum Wald der Zukunft im mitteleuropäischen Raum genutzt werden können, müssen in Versuchswäldern umfangreiche Untersuchungen durchgeführt werden.
Wie wurde die Fichte zum Brotbaum der Forstwirtschaft?
Fichten stellen sehr geringe Anforderungen an Nährstoffe im Boden. Solange genügend Wasser vorhanden ist, wachsen Fichten fast überall. So war die Fichte der Baum der Wahl, um große, kahle Ödflächen zu Beginn der Industrialisierung wieder aufzuforsten. Diese Kahlschläge zeugen von dem seit dem frühen Mittelalter intensivierten Holzbedarf für Brennholz, Holzkohle und Bauholz. Große Waldrodungen sollten Platz schaffen für Ackerbau und Viehzucht.
Ständige Kriege und das Beweiden der Wälder trugen ihr übriges bei, so dass Wälder, die der Rodung zunächst entgangen waren, stark übernutzt und fast völlig ruiniert wurden. Diese Flächen sollten sich ursprünglich ab dem Anfang des 18. Jahrhunderts hauptsächlich durch die Pflanzung von Fichten erholen können, bevor sie wieder den standorttypischen Laubmischwald beherbergen sollten. Denn nur Fichten und Kiefern konnten auf den ausgelaugten Böden noch wachsen.
Die Industrialisierung und das Wachstum der Städte sorgten nun aber für den Bedarf an Nadelhölzern in großem Umfang, als universales Bau- und Konstruktionsholz, als Grubenholz, für Eisenbahnschwellen und Telegrafenmasten und als Rohstoff für die aufstrebende Papierindustrie. Fichtenholz wächst gerade und recht schnell, ist leicht, flexibel, lässt sich gut bearbeiten und ist durch den Harzgehalt auch sehr widerstandsfähig. Der Bedarf daran wurde so groß, dass sogar ab Mitte des 19. Jahrhunderts zusätzlich Nadelholz importiert werden musste. Trotz des Bewusstseins, dass Fichtenmonokulturen anfällig für Sturm und Schädlinge sind, wurden sie weiter angelegt. Die beiden Weltkriege bedingten den weiteren Holzbedarf, zunächst für das Kriegshandwerk, später für Reparationen an die Siegermächte. Um schnell nach 1945 aufzuforsten, wurde deutschlandweit hauptsächlich Fichte und Kiefer gepflanzt.
Neben den großen Sturmschäden um die Jahrtausendwende, beispielsweise durch Sturm Lothar und Kyrill, zeigt in den letzten Jahren der vielerorts fehlende Niederschlag die große Problematik der Fichte auf.
Waldumbau: Welches sind die Zukunftsbäume?
Neben den Problemen mit Fichten und dem Ahorn leiden auch Eschen unter dem Eschentriebsterben. Als Zunkunftsbäume werden unter vielen anderen Douglasie, Türkentanne sowie die Libanon- und Atlaszeder gehandelt. Aber nicht jeder Baum aus wärmeren, trockeneren Gegenden wächst in unseren Breiten problemlos. Die Esskastanie aus dem Mittelmeerraum beispielsweise hält zwar hohe Sommertemperaturen aus, ist aber anfällig für Spätfrost und Gallwespe. „Den“ Zukunftsbaum wird es also so nicht geben, darin sind sich die Forscher einig. Und: Es muss noch viel erforscht werden. Beispielsweise, ob sich die heimische Flora und Fauna mit neuen Baumarten verträgt, wie sie sich entwickeln und ob sie überhaupt einen Nutzwert für die Forstwirtschaft haben. Auch rechtliche Hürden gilt es zu überwinden: So darf derzeit nur mit Saatgut aus der selben Region aufgeforstet werden.
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Eine Mammutaufgabe – packen wir's an!
Um den Wald mit seinen vielfältigen, unersetzbaren Leistungen für unser Ökosystem und unsere Kultur zu erhalten, sind alle Akteure gefragt. Vom Waldbesitzer über die Forstindustrie bis zur Politik müssen alle an einem Strang ziehen, um der klimatischen Entwicklung Rechnung zu tragen. Nur so können unsere Kinder und Kindeskinder den Wald als Schauplatz von Sagen, Abenteuern und Märchen erleben.
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